Freitag, Dezember 07, 2012

Denken, bitte. Jetzt!

Gottfried Benn 

Aus: Drei alte Männer, 1949

Der Gastgeber
Wie göttlich wir sind - mit und ohne Drogen!

Der junge Mann: Wer Strophen liebt, der liebt auch Kata-Strophen; wer für Statuen ist, muß auch für Trümmer sein.
Der Andere: Sie meinen Polarität? Ach, synthetisieren Sie doch nicht! Verweilen Sie vor dem Unvereinbaren, halten Sie durch usque ad finem. Ihr Leben in seinen Abwegigkeiten, Irrtümern, Zerknitterungen, Halbheiten - das tragen Sie Ihrer letzten Stunde zu, und ich bin sicher, sie wird es hinnehmen und Sie nicht verweisen. Sich irren und doch seinem Inneren weiter Glauben schenken müssen, das ist der Mensch, und jenseits von Sieg und Niederlage beginnt sein Ruhm. In sich allein bleiben, für seine Zerstörungen keinen verantwortlich machen und sich bei niemandem hinterlassen -

Der junge Mann: Man könnte sie lieben.

Der Andere: Sie deuten mich falsch. Nichts haben als seine Zweifel und seine Krisen, Schläge hinnehmen, schweigen - immer vor Augen, man muß die Hand ruhig am Zügel halten, wenn man mit Wölfen reitet -

http://www.gottfriedbenn.de/lebenslauf.php

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