Die Zukunft des Kampfes gegen die Dummheit und andere Theorien
Wie
sich das anfühlt, dieser Tage Mitglied oder Sympathisant der
Piraten-Partei zu sein und sich trotz unfassbarer Umfragewerte als
Dilettanten und ahnungslose beschimpfen oder zu begutachten lassen
müssen? Sicher sehr unangenehm und irgendwie ungerecht, nach all dem
Engagement und der vielen Zustimmung. Woran mag das liegen? An den
Inhalten ja wohl nicht, über die verfügen die Piraten ja
bekanntlich nur rudimentär oder in abgeschriebenen Versionen ihrer
Partner Piraten anderer Bundesländer.
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Also liegt es eben daran, am
Mut zur Lücke? An der tapferen Entschlossenheit, aus dem dumpfen
"eigentlich müsste man sich für Politik interessieren und
engagieren und mal irgendwas machen" eine veritable
Parteimitgliedschaft zu machen? Oder etwa schlicht daran, dass man
nichts verkehrt machen kann, wenn man die Partei der selbstbewussten
Studienabbrecher und charmanten Halbwisser gut findet? Haben sich da
zwei gefunden? Der ahnungslose Wähler findet endlich eine Partei,
die zugibt, genauso wenig Sachverstand zu haben? Schöne Theorie, für
die vieles zu sprechen scheint und wofür man sicher keinerlei
empirische Belege braucht, um sie zu belegen.
Tatsächlich drängt sich der Eindruck auf, dass mit der wachsenden Hoffähigkeit der Piraten eine Entwicklung zu ihrem vorläufigen Ende oder wenigstens Höhepunkt kommt, die seit Jahren und wenigen Jahrzehnten immer weiter um sich greift: Die Zulassung des dilettantischen als produktive kraft, kreativen Befreiungsschlag und pädagogische Motivationsformel. kreatives, Selbstbestimmtes lernen zum Beispiel soll Kinder und Jugendliche dazu führen, sich ihrer Leistungspotenziale zielgerichtet zu vergewissern und bedienen zu lehren. Nicht die Orientierung an einer Lernnorm ist Daniel, sondern die kreative Annäherung daran, das suchen nach wegen der Problemlösung, die auch und gerade auch unkonventionelle Methoden zulässt, soll verdeckte Lernpotenziale befreien und vielleicht sogar zu Lösungsansätzen kommen, die ansonsten nicht erreichbar gewesen waren.
Tatsächlich drängt sich der Eindruck auf, dass mit der wachsenden Hoffähigkeit der Piraten eine Entwicklung zu ihrem vorläufigen Ende oder wenigstens Höhepunkt kommt, die seit Jahren und wenigen Jahrzehnten immer weiter um sich greift: Die Zulassung des dilettantischen als produktive kraft, kreativen Befreiungsschlag und pädagogische Motivationsformel. kreatives, Selbstbestimmtes lernen zum Beispiel soll Kinder und Jugendliche dazu führen, sich ihrer Leistungspotenziale zielgerichtet zu vergewissern und bedienen zu lehren. Nicht die Orientierung an einer Lernnorm ist Daniel, sondern die kreative Annäherung daran, das suchen nach wegen der Problemlösung, die auch und gerade auch unkonventionelle Methoden zulässt, soll verdeckte Lernpotenziale befreien und vielleicht sogar zu Lösungsansätzen kommen, die ansonsten nicht erreichbar gewesen waren.
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In
diesem Zusammenhang war die Zusammenführung von normierten
Lerninhalten und selbst organisierten Lernprozessen am Ende immer das
Problem. Wer die Lernwege quasi freigibt, der gibt am Ende auch die
Lernziele frei und relativiert Lerninhalte. Hier schlägt dann die
Stunde des Dilettanten, der stark ist in der Improvisation, schnell
im erfassen einer Situation und entschieden im aussortieren
gefundener Lösungswege. Damit wird er zum Gegenspieler des Lerners
und Wiederholers, der dem Stoff nicht seinen eigenen Stempel
aufdruckt, sondern sich von ihm prägen lässt. Mit der Trennung vom
normierten lernen zum selbstbestimmten ändert man die
Erfolgsaussichten für viele junge Menschen, ersetzt eine Norm
allerdings nur durch eine andere. Und am Ende ist wieder alles
normiert und auf eine Möglichkeit festgelegt. Geprüft wird gar
nicht oder wenig, ob denn der Schüler der richtige Lerntyp für
diese Methode ist oder vielleicht doch eher der Typ, der
vormachen-nachmachen liebt.
In der Gesellschaft werden uns seit langem schon die Grenzgänger als Idealtypen innovativer, unkonventioneller Lebensgestaltung vor Augen gestellt. Erfolgreiche Schauspieler benötigen keine Schauspielausbildung mehr, Politiker machen aus ihren Interessen hauptberufliche Arbeitsschwerpunkte, im politischen Diskurs werden Laien immer häufiger als Volkes stimme hinzu gebeten und damit der Dilettantismus endgültig geadelt. Vor diesem Hintergrund gilt dann der Berufswechsler, der angehende Lehrer, der sich als Moderator versucht etwa, als besonders interessant, weil er mit einem gesunden Mittelmaß an Wissen und Können zwei Bereiche bedienen und den jeweiligen Branchenjargon imitieren kann.
Dass
etwa Günther Jauch als Bildungsexperte gilt, hat er zum einen seinem
Journalismusstudium zu verdanken und zum anderen der Tatsache, dass
er eine Quizsendung moderiert. Dass ein ausgebildeter Arzt sich als
Wirtschaftsminister versuchen darf, hat mit einer ausgemachten
Qualifikation schon gar nichts mehr zu tun. Der Experte, der Mensch
mit einer tiefer gehenden Ausbildung in seinem Metier, der
Handwerksmeister oder der studierte Fachmann, ist nur noch in
sicherheitsrelevanten Bereichen wie der Medizin vor seinen
dilettierenden Amateurkollegen sicher. Überall anders möchte man
darauf verzichten. Eher verdächtigt man den Experten des
Fachidiotentums und der Basisferne.
Das Allgemeine Schema der Sammlung Über den Dilettantismus. Goethe/Schiller 1799 |
Das
Internet tut sein Übriges, indem es rasch abrufbar Informationen
bereit hält, die man kurzfristig nutzen kann. Blogger verbreiten
ihre Theorien weltweit in Sekundenschnelle. Die Ratgeberkultur der
Medien führt dazu, dass Selbstdiagnosen und Heimwerkerqualitäten an
der Tagesordnung sind. Handwerker führen dementsprechend ausführlich
Klage darüber, dass Kunden sie erst dann hinzuziehen, wenn die
heimische Baustelle ein vollständiges Chaos ist. Ärzte wundern sich
über Eigenmedikationen und Selbstbehandlungen. Juristen Staunen über
den Einfallsreichtum ihrer Laienkollegen und verbringen
viel zeit damit, die streitbaren Laien von der Richtigkeit anderer
Positionen zu überzeugen.
Der sogenannte Wutbürger, der aufgeklärte aktive Bürger mit Interesse am wohl und Wehe seiner Gemeinde und seines Umfeldes, ist ein Musterbeispiel, wie dem demokratisch legitimierten Dilettanten die Unterschiede zwischen Wunsch und Realität dank halb verstandener Fachinformationen verrutschen.
Unter PR-Experten gilt deshalb bereits der Grundsatz, dass eine Aussage nicht richtig sein muss, sondern nur plausibel, um wirksam zu sein. So ist es nach der Theorie, dass eine Ursache auch eine Wirkung haben muss, völlig plausibel, dass ein Sack Reis, der in China umfällt, an der Nordsee eventuell ein Hochwasser auslösen kann. Diese Theorie gewinnt an Überzeugungskraft, wenn man bedenkt, dass die Wissenschaft ja noch gar nicht alle Fragen hat erforschen können, so dass man im Zweifel zu wenig weiß, um die Theorie vom Reissack und der Nordsee klar zu widerlegen. Aus diesem Stoff sind dann, wenn die Winde sehr ungünstig stehen, Verschwörungstheorien gemacht. Die funktionieren bekanntlich nach dem Motto, je weniger man weiß, um so wahrscheinlicher ist die Zuhilfenahme einer Verschwörungstheorie, um Rätsel zu lösen. Wenn dann noch das Schema groß-gegen-klein, Regierung-gegen-Bürger etwa, zutrifft, kann es auch schon Mal kein Halten mehr geben. Und der Dilettant feiert schöne Erfolge.
Der Dilettant als Verschwörungstheretiker, Freizeitkulturschaffender oder ewiger Besserwisser ist in der Regel noch eine harmlose Erscheinungsform, wenngleich oftmals sehr nervig und anstrengend. Problematisch wird es, wenn sich das Dilettanten organisiert in professionell betriebene Bereiche einschleicht, Wirtschaft, Politik, Medien, egal wo. Dann wundert man sich gerne über seltsame Strategien, eigenartiger Auftritte oder unverständliche Texte, die so den erwarteten Qualitätsstandards gar nicht entsprechen wollen. Da ist schnell mal eine ganze Partei ruiniert oder das ansehen der politischen Kaste geschädigt. Da kann man schnell mal von einem Privatsender oder einem Boulevardmagazin und seinen Redakteuren in der Öffentlichkeit bloßgestellt werden. Oder man wird in eine TV- Talkshow eingeladen und kann zum Thema des Tages nichts sagen. Und an diesem Ende der Leitung trifft Ahnungslosigkeit auf Anspruchslosigkeit und schon geht das prima zusammen. Der Dilettant ist in der Mitte der Gesellschaft schon lange angekommen. Und nun hat er eben sogar eine Partei, die ihn zur eigenen Räson erklären könnte.
Aber
schade dennoch, der Kampf gegen die Dummheit wird so nicht zu
gewinnen sein.
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